Dieser Beitrag wurde am 20. August 2019 veröffentlicht und zuletzt am 31. Oktober 2022 von Sascha aktualisiert

Wenn es Nacht wird im Wald…

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Es ist Freitag, das Wochenende naht. Ich habe Feierabend und packe daheim meine Taschen und ziehe meine Radklamotten an. Ich bin aufgeregt als ich meinen Schlafsack und das Tarp verpacke. Warum? Weil ich heute Nacht im Wald schlafen werde. Alleine und nur unter einer 3 mal 3 Meter großen Plane. Keine schützenden Zeltwände um mich herum.

Das letzte Mal als ich nachts im Wald war, ist gute 9 Monate her. Damals lief ich auf dem Rheinsteig von Koblenz nach Bonn. Ich lief und sollte die ganze Nacht (mehr oder weniger) wach sein. Keine Rede davon dort auch zu schlafen, irgendwo und auf dem Waldboden…

Das letzte Mal als ich nachts im Wald geschlafen habe, ist mehr als 15 Jahre her. Damals trug ich Uniform und befand mich auf einer 36 Stunden Übung. Um mich herum meine Rekruten und Kameraden aus dem Unteroffizierskorps. Ich war damals alles, nur nicht alleine im Wald.

Heute, viele Jahre später werde ich als Enddreißiger einfach so zum Spaß im nahe gelegenen Wald schlafen. Als Vorbereitung für meine geplante MTB Tour auf dem Moselsteig von Trier nach Koblenz.

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Ich schleppe mein vollgepacktes Exceed aus dem Keller die Treppe hoch. Daran befestigt ist alles was man für einen sogenannten Overnighter benötigt. Ein Tarp als Schutz gegen das Wetter, eine Isomatte, einen Schlafsack, Biwacksack, ein Gaskocher und eine Dose Tomatensuppe.

overnighter im wald
Nur eine dünne Plane trennt mich von der Nacht

Zweifel

Es ist kurz nach 19:00 und in guten zwei Stunden wird die Sonne untergehen und die Nacht hereinbrechen. Ob mein Lagerplatz für die Nacht auch wirklich für eine Übernachtung geeignet ist weiß ich nicht. Ich habe noch einen Ausweichplatz im Kopf, für den Fall der Fälle, kenne mich hier ja mittlerweile recht gut aus. Ich kenne die Gegend, habe sie aber bisher nicht als Schlafplatz betrachtet. Muss ich unter Umständen also unverrichteter Dinge wieder heimfahren weil ich keinen Schlafplatz finde?

Vielleicht schüttet es auch wie aus Kübeln und mein Lager schwimmt förmlich davon oder ich bekomme es mit der Angst zu tun und muss das Weiter suchen. Wer weiß ob nicht wilde Tiere meine Lagerruhe stören werden? Eines ist sicher, wenn mir auch nur eine dicke Spinne durchs Gesicht läuft, dann habe ich definitiv keinen Bock mehr auf den ganzen Outdoor Kram. Ob ich nicht doch lieber mein 1 Mann Zelt mitnehmen soll?

Ich packe mein Rad jetzt nicht mehr um und bleibe bei der unkomfortabelsten Variante der Übernachtung. Ein Zelt bietet immerhin etwas Schutz und sei es nur für den Kopf. Es verhindert aber auch die Sicht nach draußen. Damals im Biwak schlief ich in der guten alten Dackelgarage, BW. Keine Sicht nach außen, aber dafür ein Zug Soldaten um mich herum. Keine Sau hätte sich da ins Lager verirrt, hätte uns schon von weitem gerochen und das Weite gesucht.

Mein Lagerplatz ist nur wenige Kilometer von daheim entfernt, zur Sicherheit. Er liegt außerdem auf meiner Laufstrecke, unweit der Straße. Sollte ich abbrechen müssen, muss ich also auch nicht durch den dunklen Wald.

Es ist erschreckend wie ungewohnt und wenig selbstverständlich es mir erscheint unter freiem Himmel zu schlafen. Der Wald ist mein Freund, ich bin gerne dort und genieße jede Minute in ihm…am Tag.

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Aufbruch

Meine Freundin fragt schon zu wiederholten Male ob ich das wirklich machen möchte. Ich bin Ende dreißig, ein Mann und Vater. Ich werde doch wohl keine Angst vor dem dunklen Wald haben! Unmöglich hier jetzt Zweifel zu äußern. Stark und mutig bleiben. Es ist nur Wald.

Ich rolle also von daheim los und drehe eine kurze Runde zur Niederburg um ein paar Kilometer mit der vollen Ausrüstung zu drehen. Puh…damit soll ich also im Schnitt 59 Kilometer am Tag auf dem Moselsteig fahren? Über Stock und Stein, Wurzeln und steile Anstiege hoch? Wenn ich mir vorstelle, dass für die Tour ja noch mehr Wasser und Verpflegung dazu kommen wird, dann fange ich jetzt schon an zu schwitzen.

Mit jedem Pedalschlag steigt die Vorfreude auf dieses kleine Abenteuer. Neudeutsch nennt man das wohl Microabenteuer.

Als ich am geplante Lagerplatz ankomme und mir ein Plätzchen suche, kommt eine Gruppe Wanderer daher und bleibt stehen. Sie machen nicht den Eindruck als wollten sie so schnell wieder weiter. Wirklich Lust darauf vor ihnen mein Tarp aufzuspannen habe ich ehrlich gesagt nicht. Meine Aktion ist zwar grundsätzlich (mehr oder weniger) legal, aber man weiß ja nie. Mit Tarp ist das Ganze nämlich streng genommen ein Biwak, biwakieren ist in deutschen Wäldern erlaubt. Auch ein Grund, warum ich das Zelt im Keller gelassen habe.

Suche

Ich steige also wieder aufs Rad und fahre weiter. Drehe aber nur eine Runde und suche vorerst nicht meinen Ersatzplatz auf, bleibe aber wachsam und scanne die Umgebung nach geeigneten Plätzen ab. Passt der Boden? Ist Sichtschutz vorhanden? Gibt es Wildspuren oder einen Hochsitz? Ich rufe das geballte Wissen aus unzähligen Bushcraft- und Bikepackingvideos auf Youtube ab, rekapituliere was ich damals bei der Bundeswehr gelernt habe. Sich einen Schlafplatz im Wald suchen zu müssen, eröffnet eine ganz andere Sicht auf den selbigen.

Letzten Endes lande ich wieder bei meinem ursprünglichen Platz, die Wanderer sind weiter gezogen. So langsam wird es dämmrig unter der Baumkrone und ich spanne mein Tarp. Dann klingelt das Handy und meine Freundin kündigt sich an, immerhin gibt es hier ja eine Feuerstelle und ich habe Marshmallows gekauft. Wenn schon Outdoor, dann doch bitte in angenehm.

Den Abend verbringen wir also am Lagerfeuer mit Grillkäse und Marshmallows. Gruselgeschichten erzählen wir uns besser keine…wobei sie ja die Nacht im heimischen Bett verbringen wird. Achja…es gibt noch die weltbeste Tomatensuppe aus der Dose, erhitzt auf dem Gaskocher. Die Ausrüstung muss ja getestet werden, darum bin ich ja an diesem Abend im Wald und nicht wie sonst auf der Couch.

Alleine

Nachdem ich sie zum in der Nähe geparkten Auto begleitet habe bin ich alleine im Wald. Es ist dunkel und nur das Lagerfeuer spendet etwas Licht und Wärme. Ich beobachte das Feuer noch eine Weilte bevor ich es lösche. Feuer lässt man im Wald nicht unbeaufsichtigt brennen. Sicherheit geht vor.

overnighter im wald
Doch recht geräumig so ein Tarp Shelter

Ich suche mir meinen Weg zum Tarp wo bereits mein Schlafsack auf mich wartet. Nachdem ich mich umgezogen habe verkrieche ich mich in meinem Nachtlager. Es ist seltsam so direkt auf bzw. nur wenige Zentimeter über dem Waldboden zu liegen. Ich habe freien Blick auf die Felswand hinter meinem Lager und auf mein Mountainbike. Mein Rad dient mir als als Ankerpunkt für das Tarp. Das hat den Vorteil, dass es auch bei Regen geschützt steht und es mir keiner unbemerkt klauen kann. Dass hier mitten im Wald wohl um diese Uhrzeit keiner Fahrräder klauen wird, steht auf einem anderen Blatt.

Stille

Ich liege im Schlafsack und mir ist warm. 18° Celsius hat es in der Nacht. Daheim würde ich wohl ohne Decke schlafen, hier im Wald werde ich einen Teufel tun und den Schlafsack öffnen. Immer wieder kribbelt es an meinen Armen, die hängen nämlich aus dem Schlafsack und verscheuchen Käfer und Getier. Wobei…das hält sich erstaunlicherweise in Grenzen. Das hätte ich deutlich lästiger erwartet. Es raschelt auch nicht an jeder Ecke. Es ist erstaunlich ruhig hier im Wald. Ab und an knackt es mal in einiger Entfernung oder es fallen Äste von den Bäumen. Was auch von den Bäumen fällt und auf meinem Tarp landet sind die Nadeln der Bäume. Die ersten Male recht seltsam. Erst der sanfte Aufprall und dann das Geräusch wenn die Nadeln die Schräge hinabrutschen.

Was ich allerdings die ganze Zeit höre, ist die nicht weit entfernte Autobahn. Das stört das Outdoor Feeling etwas. Irgendwann blende ich das Geräusch aber dann wohl aus und schlafe ein.

Wach

Ich wache mehrmals in der Nacht auf. Mir fehlt ein ordentliches Kissen und die Isomatte ist für einen Seitenschläfer nicht dick genug. Ich wache allerdings auch zuhause im Bett regelmäßig auf. Durchschlafen ist nicht so meins. Irgendwann in der Nacht muss ich zur Toilette und so schäle ich mich aus dem Schlafsack. Ich stehe in Boxerhorts und Sandalen im dunklen Wald. Seltsam. Kein Tier schaut mich an, zumindest sehe ich keines. Ich bin mir aber sicher, dass ich nicht ganz alleine bin in dieser Nacht. Alles andere wäre auch zu tiefst traurig.

Irgendwann kurz vor Sonnenaufgang wird der Wald dann doch noch wach und einige Vögel fangen an zu singen. Einer von ihnen ist wohl etwas unzufrieden, denn er macht etwas energischer Geräusche. Ob er sich an dem Störenfried der da auf dem Boden schläft stört? Ich hoffe es nicht, stören ist nicht was ich möchte.

Sonnenaufgang

Pünktlich zum Sonnenaufgang bin ich wieder wach, entscheide mich aber nicht aufzustehen und ein wenig weiter zu dösen. Als dann die Stimmen zweier Radfahrer laut werden, entscheide ich mich die Nacht für beendet zu erklären. Meine erste Nacht im Wald seit so langer Zeit.

Es war eine erstaunlich unspektakuläre Nacht. Keine Wildschweine die mein Lager überrannt haben, keine neugierigen Rehe und (hoffentlich) auch keine dicken Spinnen die über mein Gesicht gelaufen sind. Einfach nur eine Nacht im Wald. Etwas unruhiger als daheim, zugegeben. Aber keine schlechte Nacht.

Was fehlt ist der Kaffee, den habe ich am Abend zuvor vergessen einzupacken. Gut, wäre das jetzt eine Mehrtagestour, dann hätte ich für Frühstück gesorgt und säße vor meinem Gaskocher und wartete darauf, dass das Wasser kocht.

Heute, am morgen meines Microabenteuers Overnighter im Vulkankrater gibt es nichts dergleichen hier im Wald. Heute baue ich still und in aller Ruhe mein Lager ab und verwische die Spuren. Als Gast macht man das so. Man verhält sich unauffällig und hinterlässt keine Spuren.

Die einzigen Spuren sind die Liegefalten in meinem Gesicht und die Erfahrung die ich in dieser Nacht gemacht habe. Der Moselcross kann kommen.

Der Wald und ich sind ein Stück weit bessere Freunde geworden.

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6 Gedanken zu „Wenn es Nacht wird im Wald…“

  1. Bei meiner Microabenteuer-Waldnacht Ende Juni stand die halbe Nacht in ca. 100 Meter Entfernung ein röhrender Hirsch rum. Glaub mir, das ist so laut, du machst kein Auge zu. August übrigens ein guter Monat das zu machen. Im Juni ist es so lange und so früh hell, dass die Helligkeit ein echtes Schlafproblem darstellt. Auch hätte ich das Tarp unter meine Isomatte gelegt, damit die Arme nicht auf dem blanken Boden liegen. Geregnet hat es ja schließlich nicht.

    1. Hi Thomas,
      das mit dem Hirsch kann ich mir gut vorstellen. Die sind echt laut und lästig. Was ich auch gruselig finde sind bellende Rehböcke…da muss man auch erstmal draufkommen, dass so kleine putzige Tiere so Geräusche machen können.

      Die Tarpaufbauvariante mit Rad als Ankerpunkt wollte ich beim Overnighter unbedingt mal ausprobieren. Die hatte ich auf Youtube gesehen und fand sie fürs Bikepacking interessant. Das ich dabei kein Groundshield habe ist etwas doof…Ich habe da aber auch schon eine Idee wie ich ohne separate Unterlage auskommen könnte. Theoretisch sollte der Aufbau auch als Tortilla funktionieren, dann hätte ich einen Schutz von unten und könnte das Tarp trotzdem am Rad festmachen. Das Rad bekomme ich dann bei Regenwetter allerdings wohl nicht noch mit unters Tarp. Genau das ist ja der Vorteil meier hier gewählten Variante, ich glaube nämlich nicht, dass so gut fürs Rad ist wenn es die ganze Nacht im Regen steht und sämtliche Schmierstoffe abgewaschen werden. Da kann ich mich aber auch irren. Wenn das Rad unter Tarp steht oder als Ankerpunkt dient, klaut es außerdem auch keiner unbemerkt. Das waren so die Gedanken die mich zu der Aufbauvariante geführt haben.

      Den Moselcross werde ich Ende August fahren, da wird es ja schon recht früh dunkel. Hoffentlich nicht so kalt in der Nacht ^^

  2. Ich stopfe meist die Regenjacke rein, wenn sie nicht gerade triefnass ist – aber gut, beim Wandern hat man in der Regel auch etwas mehr Klamotten dabei.

    Stimmt natürlich, der schnellste ist das nicht und wen man nicht aufpasst, hat man das Erdmodell: oben kühl und unten verbrannt :D Auch schön (allerdings etwas sperriger, wenn Du nicht alles brauchst, ist der Spirituskocher von Trangina, da schleppst Du allerdings 2 Töpfe, eine Pfanne und den Windschutz mit rum) Packmaß und Gewicht ist aber top.

    1. Beim Trangia stört mich der Brennstoff, ich möchte keinen Spiritus mit mir rumschleppen der dann wenn ich Pech habe in irgendeiner Taschen ausläuft. Da bin ich dann wohl der Schisser ^^

  3. Interessante Aktion Als kleinen Tipp: nimm Dir einen kleinen Sack mit, da stopfst Du zum Schlafen nicht benötigte Kleidung rein und hast nen super Kissen – kenne das Problem als Seitenschläfer nämlich auch…
    Würde sich zum Kochen nicht sogar der Esbit Ofen, der ja im Essgeschirr der BW war anbieten? Der war ja schon recht platzsparend… Gut, ich bin einfach ein Gasschisser
    Bin auf weitere Berichte gespannt
    Marc

    1. Moin Marc,
      danke für den Tipp mit dem Sack. Den hatte ich sogar dabei, hatte aber wohl zu wenige Wechselklamotten drin und war auch nachts zu faul da noch was reinzustopfen. Ich habe letztendlich dann auf meinem Rucksack geschlafen, das ging so halbwegs. Am Thema Komfort muss ich aber definitiv noch etwas feilen, schlafen ist einfach zu wichtig :)

      Ich habe mir im Vorfeld alle möglichen Kochervarianten angeschaut, gegen Esbit habe ich mich zum Einen wegen des Geruchs und zum Anderen der geringen Effizienz entschieden. Dauert halt echt lange bis man damit was gekocht hat…Ich erinnere mich da an diverse Biwaks oder Geländetage mit EPA Verpflegung…das Zeug wurde einfach nicht warm ^^ Das Packmaß ist aber natürlich unschlagbar, zumindest was den Kocher plus Brennstoff betrifft.

      Gruß
      Sascha

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Sascha Rupp

Sascha Rupp

Ich laufe gerne weit und lange, mittlerweile fast ausschließlich abseits der Straße und meist weit weg von Asphalt. Trailrunning ist meine Art zu laufen, denn auf dem Trail oder im Wald, da finde ich Ruhe und Entspannung. An Bestzeiten bin ich nicht interessiert, Distanz ist, was mich reizt.Autorenbeiträge anzeigen

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