Dieser Beitrag wurde am 27. Juni 2020 veröffentlicht und zuletzt am 31. Oktober 2022 von Sascha aktualisiert

Ich freue mich riesig nun endlich über meinen ersten Lauf Ü100 Kilometer auf dem Mosel-Our-Weg berichten zu können. Geplant war diese Distanz eigentlich erst für 2021 aber aufgrund der besonderen Umstände (Corona lässt grüßen), konnte ich in diesem Frühjahr unverhofft viel trainieren, dabei von Verletzungen verschont bleiben und den Mut fassen das Ding anzugehen.

In den Wochen der Vorbereitung konnte ich stetig um die 120 Wochenkilometer abspulen, Umfänge, Pace, Höhenmeter variierten dabei je nach körperlicher Verfassung und der verfügbaren Zeit. Schließlich muss das Training zwischen Beruf und Familie irgendwie verträglich integriert werden.

Höhepunkt der Vorbereitung war dann 3 Wochen vor dem Ü100- Lauf, als ich an einem Freitag laufend zur und von der Arbeit pendelte (40 Kilometer) und am folgenden Samstag meinen ersten Lauf über 60 Kilometer absolvierte. Spätestens nach dieser Einheit war klar, dass ich jetzt bereit bin für die 100 Kilometer.

Was die Auswahl der Strecke anging, hatte ich schon lange den Mosel-Our-Weg Weitwanderweg von Vianden in Luxemburg bis nach Alf an der Mosel im Auge. Ich fand die Idee sympathisch, einen Weitwanderweg zu nutzen der erstens direkt durch den Kondelwald vor meiner Haustür führt, zweitens den Weg etwas bekannter zu machen da ihn wirklich keiner hier kennt, drittens erschienen mir die knapp 3.000 Höhenmeter als machbar und viertens verläuft der Weg durch ziemlich schöne Gegenden der südlichen Vulkaneifel.

Navigation auf der Strecke des Mosel-Our-Weg

Um nicht mit meinem Handy navigieren zu müssen entschied ich mich im Vorfeld dazu in eine Sportuhr mit Navigation zu investieren. In letzter Zeit hatte mich es sowieso ziemlich genervt immer aufs Handy zu schauen wenn man mal neue Wege ausprobierte. Ich entschied mich für die neue Polar Grit x und war im Vorfeld nach einem Monat Nutzung ziemlich begeistert von den Funktionen dieser Uhr.

Irgendwann stellte sich die Frage wie ich die Strecke angehe: komplett alleine und selbstversorgt oder mit Unterstützung. Da es mein erster Lauf dieser Art werden sollte, wollte ich keine Experimente eingehen und war froh als meine Frau und die Kinder sich bereit erklärten mich an diesem Tag zu begleiten und zu unterstützen.

GPX- Track auf Outdooractive.com

Höhenprofil des Mosel Our Wanderwegs

Gestartet bin ich dann am Freitag den 12.6. um 7:15 Uhr. Ich persönlich wäre gerne früher gestartet aber ich wollte meinen 3 Mädels nicht zumuten, noch früher als ohnehin schon an ihrem freien Tag aufzustehen. Durch die 75 Minuten Anfahrt nach Vianden weckte ich meine beiden Töchter um 5:30 Uhr mit wirklich schlechtem Gewissen ☺. In der letzten Woche vor dem Lauf lief ich von Montag bis Donnerstag jeden Tag locker und ohne viel Höhenmeter jeweils um die 10 Kilometer um im Rhythmus zu bleiben. Wirklich ohne jegliches Wehwehchen und auf den Punkt topfit konnte ich dann am Brückentag nach Fronleichnam starten.

Start auf 6 Beinen in Vianden

Auf den ersten 18 Kilometer von Vianden nach Neuerburg wurde ich von meinem Hund Mio begleitet. Ich glaube dass sich meine Nervosität auf ihn übertragen hatte, dazu kam die ungewohnte Umgebung, jedenfalls waren die ersten 5 Kilometer relativ unentspannt weil Mio einfach nicht so ruhig vorne weg lief wie sonst. Trotzdem blieb mir nicht unbemerkt wie verdammt schön das Städtchen Vianden und seine Umgebung sind. Vianden liegt malerisch umgeben von Wald, Felsen und dem Flüsschen Our in einem Tal an der deutsch- luxemburgischen Grenze. Es scheint als könne man hier tolle Wanderungen unternehmen und dabei viel historisches Entdecken. Mit Familie werden wir hier im Sommer mit Sicherheit nochmals Halt machen..

Nach 5km ging es dann endlich in den Wald und die ersten Höhenmeter wurden gesammelt. Mio wurde jetzt auch ruhiger. Bis Neuerburg wechselten sich Waldwege, Kreisstraßen, Feldwege stetig ab und wir passierten kleine Siedlungen, Höfe und Dörfer. Alles wirkte sehr ruhig, sympathisch und ein bisschen so als wäre hier die Zeit stehen geblieben. Menschen begegneten mir bis zum ersten Verpflegungspunkt so gut wie keine.

Die Hitze macht das Navigieren schwer

Am ersten Verpflegungspunkt zog ich mir dann den im Vorfeld fertig gepackten Laufrucksack an, überließ meiner Crew den Hund und lief weiter.

Nächster Treffpunkt sollte dann schon weit hinter Bitburg bei Kilometer 53 in Wilsecker liegen. Doch bis dahin lief es alles andere als optimal. Zunächst einmal machte mir die Hitze zu schaffen und die Tatsache, dass sich dieser Teil der Strecke mehr durch offenes Feld als durch Schatten spendenden Wald auszeichnete. Gerade das Durchlaufen von Bitburg erwies sich als sehr kräftezehrend.

Des Weiteren verlief ich mich kurz vor Erdorf und während ich den Bericht schreibe und die Stelle mit Strava und Outdooractive vergleiche, stelle ich fest, dass meine Uhr den Weg Vorschlug, der offiziel als Mosel Our Weg gekennzeichnet sein müsste.

In der Realität entpuppte sich der Weg als Sackgasse und ich musste umdrehen. Und genau ab dieser Stelle bis zum Schluss des gesamten Laufs zeigte mir die Uhr nicht mehr den richtigen Weg an. Wie ich jetzt erkenne fehlte ebenfalls der Weg runter nach Erdorf zur Brücke um über die Kyll zu gelangen. Stattdessen lief ich auf der anderen Seite der Kyll bis kurz hinter die A60 um dort endlich über einer Brücke für Wanderer auf den Originalweg zu gelangen. Spätestens hier hatte ich alle Trinkvorräte verbraucht und ich war froh endlich das Ortsschild von Wilsecker und an der Kirche meine Liebsten zu sehen. Dort verbrachte ich einige Minuten im Schatten, trank sehr sehr viel Wasser und versuchte etwas zu entspannen.

Wenn die Technik versagt

Von dort an war die Navigation mit der Polar Grit x nicht mehr möglich. Es schien als hätte sich die Synchronisation mit dem GPS verschoben, jedenfalls bekam ich ab hier für die restlichen 65 Kilometer immer wieder „Falsche Richtung“ angezeigt und per Vibration nochmals unterstrichen.

An dieser Stelle ein fettes Danke schön an den Eifelverein, der diesen Weg bis Bad Bertrich hervorragend gekennzeichnet hat und man bestens ohne zusätzliche Navigation auskommen konnte.

Ab Kilometer 58 in Kyllburg gesellte sich Holger dazu. Er ist verantwortlich für den Bericht im Trierischen Volksfreund und auch an dieser Stelle, nochmals vielen Dank für deine moralische Unterstützung während meinem Tiefpunkt zwischen Kilometer 60 bis 70! Er navigierte mich durch den Naturpark Vulkaneifel und hatte in Bettenfeld Gott sei Dank noch einen halben Liter Wasser für mich übrig, denn bei der Hitze konnte ich gar nicht so viel trinken wie ich Durst hatte.

Ab Kilometer 60 gesellten sich neue Beschwerden hinzu: ich konnte aufgrund eines wiederkehrenden Seitenstechens, welches sich bis ins Ziel nicht mehr besserte nicht mehr durchlaufen. Alle paar Minuten musste ich Gehpausen einlegen und warten bis das Seitenstechen nachließ. Erst dann konnte ich weiter laufen. Es fühlte sich an, als ob sich irgendwo Luft ansammelte, die nur entweichen konnte wenn ich vom Laufschritt ins Gehen über ging. Nach 80 Kilometer kam ich dann auf der letzten Rille in Manderscheid an. Dort wohnen gute Freunde von uns direkt am Wanderweg was ich sehr gut nutzen konnte um wieder zu Kräften zu kommen. Während der Pause hatte ich allerdings noch so meine Zweifel ob ich die Distanz wirklich schaffen könnte, denn körperlich ging es mir nicht wirklich gut.

Kartoffelsuppe, Red Bull und Begleitung

Nach einer deftigen Kartoffelsuppe, einem kühlen Fussbad, viel Wasser, einem Red Bull, Socken- und Schuhwechsel und 45 Minuten Pause ging es wieder zurück auf die Strecke. Und was soll ich sagen, die Schuhe fühlten sich so gut an! Meine Beine waren prompt wie ausgewechselt. Meine Verfassung besserte sich mit jedem Meter und so lief ich irgendwann wieder locker und rund bis nach Niederscheidweiler, wo Birgit und Herrman, 2 Kameraden vom TUS Bengel auf mich warteten um mich auf meinem Weg zu unterstützen. Birgit blieb bis Bad Bertrich an meiner Seite, Hermann bis 2 Kilometer vorm Ziel bis Alf- Fabrik. Zunächst aber noch ein Danke an Chris, der mich die 2 Kilometer aus Manderscheid führte und ich bei den vielen Abbiegungen nicht auf die Schilder schauen musste, sondern mich ganz auf ihn verlassen konnte. Auch das hatte sehr geholfen!

Pause auf dem Mosel-Our-Weg

Der letzte Treffpunkt war dann in Bad Bertrich direkt am Anstieg nach Bonsbeuren. Dort bekam ich von Birgit noch eine Wadenmassage verpasst, Felix stieg auch noch mit ein und da die Dunkelheit sich ankündigte ging es relativ schnell wieder auf die Strecke.

Bis Bonsbeuren musste ich nur wenige Gehpausen einlegen. Der Weg dorthin ist mega schön und wird von mir des Öfteren zum trainieren aufgesucht. Ab hier hatte ich quasi Heimspiel. Svetlana stieg dann auch noch mit ein und so liefen wir zu viert in den immer dunkler werdenden Kondelwald und bemerkten, dass das schöne große „E“ des Eifelvereins, welches mich zuverlässig bis hierher geführt hatte nicht mehr auftauchte. Mein Handyakku war zu diesem Zeitpunkt schon leer und so mussten wir uns eher auf unser Gefühl verlassen, als auf meine Uhr, die nach wie vor nur eines von sich gab: „Falsche Richtung!“

Ein letztes Mal verlaufen und dann ins Ziel

Wir verliefen uns, ist doch klar aber irgendwann kamen wir auf mir bekanntes Terrain und ich konnte uns dann sicher nach Alf- Fabrik führen, wo mit Taschenlampen bewaffnet meine beiden Töchter und ihre Freundin Maria auf uns warteten um die letzten beiden Kilometer mit uns nach Alf zu laufen.

Um 22:00 Uhr kamen wir in Alf an der Mosel an. Dort hatte die Eisdiele noch geöffnet und ich gönnte mir neben meinem Gösser Radler alkoholfrei, worauf ich mich schon den ganzen Tag freute, ein Schoko- Vanille- Eis. Mit allen Läufern standen wir noch bei angenehmen Temperaturen mit alkoholfreiem Weizen und Keksen zusammen und ließen den Tag Revue passieren.

Michael im Ziel auf dem Mosel-Our-Weg

.Erstaunlich schnell erholte sich mein Körper vom Lauf und so konnte ich bereits ab Montag wieder locker ins Training einsteigen. Von einem Motivationsloch, welches ich von mir selbst erwartete, keine Spur. Stattdessen suche ich schon händeringend nach neuen Herausforderungen.

Michaels Lauf auf dem Mosel-Our-Weg auf Strava und bei FKT.com

Ein Gedanke zu „Michael und der 120 km Solo Lauf auf dem Mosel-Our-Weg“

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Michael Comes

Michael Comes

Michael ist erst 2019 so richtig auf den Trail gekommen, hat aber Blut geleckt. Er läuft meistens mit seinem Labrador-Magya Vizlar Mix Mio und kommt ebenfalls von der schönen Mosel.Autorenbeiträge anzeigen

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