Dieser Beitrag wurde am 27. Mai 2020 veröffentlicht und zuletzt am 31. Oktober 2022 von Sascha aktualisiert
Es stand mal wieder ein langes Wochenende vor der Tür; das Vatertagsfeiertagswochenende. Vatertag hat für mich, wie für viele „Väter“ und solche die es eventuell irgendwann mal werden wollen (oder auch nicht), eine Tradition. Während die oben erwähnten Männer dann oft mit Bollerwagen, Bierbauch und Vollsuff durch die Gegend ziehen, beschäftige ich mich etwas anders. Seit 2013 laufe ich an Vatertag mit vielen anderen in Rengsdorf beim Westerwaldlauf mit. Aussetzen musste ich bisher glaube ich nur 2 Mal, einmal freiwillig und einmal weil der TV Rengsdorf ein Jahr pausieren musste. Zeit für eine weitere Mission Stupidity!
Da auch in diesem Jahr kein Westerwaldlauf stattfand, konnte ich leider meine gewohnten 50 Kilometer dort nicht laufen. Keine Freunde treffen und keine schöne Zeit im Westerwald haben.
Tradition ist was du draus machst. 50 Kilometer an Vatertag.
Aber Tradition bleibt Tradition, so will es die ähm Tradition? Egal. Es musste also eine Alternative her, eine unkomplizierte Alternative. Den Gedanken mich früh morgens runter zum Bahnhof zu quälen, eine halbe Stunde mit dem Zug die Mosel hoch zufahren um dann auf dem Moselsteig wieder heim zu laufen, hatte ich schnell verworfen. Das klang mir irgendwie zu aufwändig und kompliziert.
Die Wahl fiel also recht schnell auf eine lokale Strecke, einfach in der Logistik, schnell zu erreichen und einfach zu versorgen. Ich hatte an dem Tag keinen Support und musste alles was ich so brauchen würde für 50 Kilometer mit mir führen. Von meiner letzten Aktion mit dem 1000 Höhenmetern an Ostern, wusste ich noch, dass Wasser definitiv die Ressource ist die knapp werden würde. Es musste also ein Verpflegungspunkt oder Wasserdepot her.
Ein stupides hoch und runter wie an Ostern wollte ich nicht noch mal laufen, also weitete ich die Runde etwas aus. Um 400 Meter um genau zu sein. Ostern lief ich den Weg im Buchwald hoch und runter und kam so auf etwa 1600 Meter und 60 Höhenmeter. Für Vatertag wollte ich einen Rundkurs laufen, den ich auch gegen später größtenteils laufen können würde. Das war mir an Ostern auf den 30 Kilometern nicht immer möglich. Also ging es dieses Mal zwar den selben Weg runter ins Tal, von da aus dann allerdings auf einem leichten Waldschotterweg wieder zum Ausgangspunkt. Den Weg war ich in der Vergangenheit schon unzählige Male gelaufen und war der Meinung, dass er auf jeden Fall laufbar sein würde. Es gab dort zwar zwei etwas steilere Stücke, aber das sollte machbar sein.
Die letzte Rampe von etwas 50 Metern mit um die 15 % Steigung wollte ich von Anfang an ganz konsequent gehen. In Gedanken an Frau Mohr als Testosteronbremse-und-“Am-Berg-wird-gegangen!”-Mahnmal, halte ich mich auch daran. Hilft ja nix. Wenn sie schon nicht in echt an meiner Seite sein kann, dann eben so.
Trotz Vatertag war die sonst sehr beliebte Strecke recht leer. Wandersleute scheinen keine Frühaufsteher zu sein, ich allerdings auch nicht. Ich lief erst ganz gemütlich gegen 10:00 los, nachdem ich die Verpflegungskiste im Busch deponiert (schlechte Idee übrigens) und das Auto etwas weiter entfernt geparkt hatte.
Die ersten Runden liefen gut und problemlos, ich hatte mich entschieden meinen Vest Pack zu nutzen und so immer auch eine Flasche mit Isogetränk dabei zu haben. Das Handy für Musik und Podcasts passt da ebenfalls gut rein. Ich schlurfte also so durch den Wald und drehte Runde um Runde.
Warum ein Gebüsch kein guter Ort für Wechselbekleidung ist
Irgendwann wurde es dann recht warm in meinem Longsleeve und ich wechselte auch ein kurzes Laufshirt das ich im Gebüsch (im Rucksack natürlich) deponiert hatte. Dieses Gebüsch war wohl die Heimat von diversen Zecken, eigentlich logisch. Immerhin stand meine Kiste ja auch auf der idealen Abstreifhöhe für die Biester um ruckzuck auf das nächste Fuchstaxi aufzuspringen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich allerdings noch nicht, wie doof die Idee war dort meine Sachen zu deponieren.
Ich machte mir eben mehr Sorgen um eventuelle Vatertagssuffköppe die sich in meiner Abwesenheit an meinem Kram zu schaffen machen würden, als um Zecken.
Kopfsache?!
Ich kann überhaupt nicht mehr sagen ab wann es für den Körper „anstrengend“ wurde, aber so im Nachhinein würde ich sagen, dass es bis knapp über 30 Kilometer ganz gut lief. Schaue ich mir die Rundenzeiten an, dann passt da auch so zu meinem Empfinden. Da meine Uhr da in dem Tälchen immer mal wieder Probleme mit dem GPS und der eingestellten Autopause hatte, habe ich die irgendwann abgestellt und einfach durchlaufen lassen. Es ging mir ja eh nicht um einen Rekord, im Westerwald wäre ich auch gemütlich unterwegs gewesen.
Ich traf unterwegs immer mal wieder kleinere Wandergruppen und unterhielt mich auch ab und mal mit einer. Natürlich waren die Menschen neugierig zu erfahren warum dort eine Kiste im Busch stand, der Zettel mit der Aufschrift „Läuferverpflegung, bitte stehen lassen. Danke“ deutet ja schon an, dass dort jemand etwas ungewöhnliches vor hatte. Ich bekam an dem Tag nicht nur einmal die Frage nach dem Warum gestellt.
Die Frage stellte ich mir natürlich auch regelmäßig wenn ich zu der besagten Rampe gegen Ende der Runde kam. Diese verdammte Rampe wurde von Runde zu Runde steiler und länger…echt jetzt!
Zum Glück hatte ich ein klares Ziel, 50 Kilometer sind immerhin Tradition an diesem Tag. Die Frage nach dem Warum war also schnell geklärt. Interessanteweise fiel es mir deutlich leichter immer wieder die selbe Runde zu laufen als gedacht. Mit ordentlich Musik auf den Ohren und regelmäßigen Pausen sturte ich mich die 2 Kilometer-Runde entlang. Nach fast 8 Stunden (so könnte ich regelmäßig einen „Arbeitstag“ verbringen) erreichte ich dann die 50 Kilometermarke. 1425 Höhenmeter hatte ich gesammelt. Westerwaldlaufniveau also. Perfekt.
Mein fehlendes Langstreckentraining merkte ich allerdings ganz ordentlich in den Beinen. Ultra läuft man eben nicht einfach so aus der hohlen Hand.
Ihr erinnert euch, dass ich sagte ein Gebüsch wäre ein schlechter Ort um Bekleidung zu deponieren? Daheim angekommen und gerade auf dem Weg unter die Dusche, begrüßte mich dann ein der vielen Zecken aus dem Busch. Das fiese Vieh hatte sich in aller Seelenruhe tief in meine Brust gebohrt.
Ich sag es mal so…Teile der Zecke begleiteten mich noch eine Weile an dem Tag. Bei der Gelegenheit habe ich dann auch direkt mal meinen Impfpass kontrolliert und schnurstracks einen Termin zur Auffrischung diverser Impfungen ausgemacht.
Unterm Strich war der Vatertag also ein „Erfolg“, sieht man mal von der Zecke ab.
Einmal ist keinmal – 100 Kilometer sollen es sein.
Freitag hatte ich frei. Brückentag. Wie hoffentlich viele in diesem Land. Während dem kleinen Ultra am Vortag, reifte die Idee die gelaufene Distanz mit dem Mountainbike „einfach“ zu verdoppeln, hätte ich so ähnlich an Ostern ja auch getan. Mit leichten Kopfschmerzen vom Vortag packte ich also meine sieben Sachen und stieg aufs Rad. Die Strecke sollte wieder die selbe sein. Eine 2 Kilometer Runde und 50 Wiederholungen. So der Plan.
Wie schon an Ostern waren die ersten Runde zäh, die Beine brauchten ein paar Kilometer um warm und locker zu werden. Im Gegensatz zur Mission Stupidity Part 1, sollte zumindest der Teil auf dem MTB wieder eine Grenzverschiebung werden. 100 Kilometer wäre mein bis dato längste Distanz auf dem MTB gewesen. Beste Voraussetzungen mit 50 Laufkilometern in den Beinen also…Naja wenn es einfach wäre, hieße es Fußball.
Also auch am zweiten Tag den Rucksack mit Verpflegung im Gebüsch deponiert und das Endurance Pack mit 2 Liter Flüssigkeit auf den Rücken geschnallt. Der 800 Meter Downhill war wie immer pure Freude, die ersten zwei Drittel kann man schön rollen lassen und Gas geben bevor sich dann hinter einer 90° Kurve die steinige Passage auftaucht. Hier hatte ich mir an Ostern meinen Hinterreifen geschrottet. Ich mag die Abfahrt aber trotzdem gerne, Topspeed knapp 60 Sachen. Kann man gut fahren.
Während ich mich auf meiner 2 Kilometer Runde befand, gingen Schildi und Tim ihr Spontan Everesting im Brohltal an. Angriff auf 8848 Höhenmeter auf einer Wendepunktstrecke…Das mag ich an diesem Ausdauersport; es gibt immer mindestens einen der es noch mehr übertreibt als man selbst.
Bergauf zog es sich dann etwas, die beiden steileren Stücke die mich am Vortag schon genervt haben, nervten auf dem Rad noch etwas mehr. Gerade die letzte Rampe ist so steil, dass es schwer ist aus dem Sattel zu gehen ohne den Grip zu verlieren. Man muss dort also im Sitzen hoch pedalieren, was nicht immer ganz einfach war.
Nach gut zwei Stunden traf ich mal wieder auf eine Wandergruppe, die vor besagter Rampe auf der Banks saß und sich verpflegte. Als ich das vierte Mal an ihnen vorbei den Berg hoch fuhr, fragte auch sie ganz verwundert was ich denn so so machen würde. Also kurz die Geschichte erzählt und ungläubige Blicke geerntet. Klar. Hätte ich mir denken können. Ganz normal war da ja nun mal nicht was ich da tat.
Noch vor einiger Zeit hätte ich mich da wohl auch für verrückt erklärt. Mir war immer schleierhaft wie man bei Stundenläufen immer und immer wieder im Kreis rennen kann. Mittlerweile verstehe ich es allerdings.
Spätestens als ich nach 65 Kilometern keine Lust mehr hatte und mein Kopf der Meinung war, es sei besser auf der Couch zuhause. Ab da wusste ich für den Tag, dass es ab jetzt galt. Alles davor war easy. Kindergarten. Anstrengend, ja. Aber erwartbar.
In den Pausen an meinem Verpflegungspunkt flogen mir die Mücken um die Ohren und überall krabbelten Zecken…Also wurden die Pausen weniger erholsam, sondern vom Absuchen nach Zecken geprägt. Ich weiß nicht wie viele dieser Biester ich abgesammelt habe an dem Tag. Entnervt gab ich nach 75 Kilometern und 2300 Höhenmetern auf. Kann sich ja zum Glück dennoch sehen lassen das Ergebnis.
Eine kleine Zecke fand ich dann aber doch noch unter der Dusche…Hab ich schon erwähnt, dass ich die Viecher nicht mag?
Beine lockern auf dem Rennrad – jetzt aber 100 Km.
Den Samstag ließ ich dann langsam angehen. Nach einem guten Frühstück mit meiner Freundin, wartet ich darauf , dass der Regen aufhörte. Ich fahre nicht gerne mit dem Rennrad los wen es regnet. Muss ich nicht haben. Als es aufklarte begab ich mich auf dem Weg zum Maifeldradweg, dort wollte ich locker vor mich hinrollen. Von dort aus fuhr ich eine Runde durchs Umland mit Besuch des Deutschen Ecks in Koblenz.
Keine Höhenmeter oder Temporekorde an diesem Tag, wobei ich allerdings seltsamerweise eine PRs auf Strava einsammelte. Da muss ich in der Vergangenheit wohl echt langsam unterwegs gewesen sein, denn so wirklich prall war der Schnitt von knapp 25 km/h nun auch nicht.
Fazit
Besonders die ersten beiden Tage waren ja mal wieder von reiner Stupidität geprägt. Sie hatten aber trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) etwas entspannendes. Mittlerweile kann ich auf solchen Strecken gut abschalten und bekomme kein schlechtes Gewissen, wenn ich mit lauter Musik abgeschirmt von der Natur vor mich hin sture. Es gibt mir Zeit zum Denken oder auch mal einfach nicht zu denken.
Dieses Mal mag ich an der Challenge gescheitert sein und am zweiten Tag aufgegeben haben, aber den Herausforderungen der Mission Stupidity werde ich nicht zum letzten Mal entgegengetreten sein. Das nächste freie lange Wochenende kommt bestimmt…
Coole Aktionen sind doch gerade das Salz in der Suppe. Wir planen demnächst auch etwas verrücktes, einen inoffiziellen 24-Stunden-Lauf mit Freunden und Bekannten ;)
Bei allem Schlechten das uns Corona gebracht hat, diese Krise fördert definitiv die Kreativität unter Sportlern.